Prof. Berthold stellte im Umweltforum den Biotopverbund Bodensee vor

Eloquent und humorvoll, faktenreich und mit ernstem Hintergrund gestaltete Prof. Peter Berthold seinen mitreißenden Vortrag beim Calwer Umweltforum. „Jeder Gemeinde ihr Biotop“ ist das Ziel des renommierten Ornithologen. Und zumindest im Bodenseeraum kommt er seinem Ziel näher – mit erstaunlich schneller Zunahme der Artenvielfalt. Auf Einladung der 1995 gegründeten Sparkassen-Stiftung Umweltpreis stellte der international bekannte Verhaltensforscher sein Konzept Biotopverbund vor.

Das Konzept
Foto: Joachim Schröder
Bläßhuhn. Foto: Joachim Schröder

Seit 2004 schafft Berthold mit Unterstützung der Heinz-Sielmann-Stiftung ein Netz von neuen Lebensräumen für Tiere und Pflanzen. Es soll möglichst engmaschig werden, damit sich Tier- und Pflanzenbestände erholen und verschwundene Arten zurückkehren können.

An 31 Standorten wurden bereits – gemeinsam mit Städten und Gemeinden – rund hundert sogenannte Biotopbausteine geschaffen. Dabei handelt es sich zum Beispiel um neu angelegte Stillgewässer, aufgewertete Streuobstwiesen und extensive Weideprojekte. Und schon nach kurzer Zeit besiedelten zahlreiche Vogelarten, Amphibien, Tagfalter und Libellen die neu geschaffenen Biotope.

 

Der Preistäger

Als „Ornithologe von Kindesbeinen an“ hatte Prof. Dr. Albrecht Wendel, der dem Kuratorium der Umweltstiftung angehört, den vielfach ausgezeichneten Referenten vorgestellt. Berthold sei „kein grüner Fundamentalist“ liebe gebratene Wildenten und Rehbraten, ordne seine Arbeit dem Gebot „alles im Einklang mit der Natur“ unter. „Das Wort Pensionierung kennt der Mann nicht, attestierte Wendel dem vitalen 77-Jährigen, der „kein Schwätzer, sondern ein Umsetzer und Macher“ sei.

Wie sehr ihm diese Einführung gerecht wurde, zeigte sich im frei gehaltenen Vortrag des ehemaligen Direktors am Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfzell.

„Nicht Trump ist unser Problem, sondern der Artenschutz“,

formulierte Prof. Berthold zwei Tage nach den Präsidentschaftswahlen in den USA. Derzeit würden pro Jahr ein Prozent der Arten verschwinden. Um 1800 habe es in Deutschland noch 600 Millionen Vögel gegeben, heute noch 120 Millionen, also ein Rückgang von 80 Prozent. „Das Rebhuhn wird demnächst verschwunden sein, machte der Wissenschaftler die Folgen des Habitatverlustes und der „Verunruhigung der Landschaft“ greifbar.

rebhuhn
Rebhuhn

Ein Raubwürger z.B. „brennt leer“, bevor er Nahrung findet, weil er so oft bei der Jagd gestört wird. Gleichwohl sei heute eine gänzliche Reökologisierung landwirtschaftlicher Flächen nicht mehr möglich.

Die Entwicklung

Nach jahrzehntelangem Studium der Tier- und Pflanzenwelt in seiner Wahlheimat Winzgau konnte Berthold 2003 die Heinz-Sielmann-Stiftung mit ins Boot holen. 2004 wurde der erste nach dem legendären Tierfilmer benannte Weiher eingerichtet. Und nach kurzer Zeit hatten sich über 300 Blütenpflanzen, 13 Brutvogelarten und 5 000 Erdkröten angesiedelt. „Das Gebiet hat wie ein Magnet gewirkt, unser Land ist noch regenerationsfähig“, freute sich Peter Berthold. In weiten Teilen Chinas sei so etwas durch die Umweltzerstörung schon nicht mehr umsetzbar. Die Biotope am Bodensee sind über Aussichtstürme und Stege auch für Besucher begehbar, „denn nur wer sie erlebt hat, wird sich auch für die Natur einsetzen“, ist Prof Berthold überzeugt.

Foto: Joachim Schröder
Graureiher. Foto: Joachim Schröder
„Wer rastet, der rostet.“

Bei Birnau wird der umtriebige Forscher, der bis zu 100 Stunden pro Woche arbeitet, ein Streuobstprojekt starten. 10 000 neue Bäume mit rund 400 alten Birnensorten sollen als „Genbank für Süddeutschland“ dienen. Darunter soll gemäht oder ein Weidebetreib angesiedelt werden. Aber eigentlich schweben Berthold dafür Wasserbüffel vor, denn die „liefern für alte Leute cholesterinarmes Fleisch.“

Der Zukunftsplan

Prof. Berthold träumt von 2 500 Weihern im gesamten Bundesgebiet, alle zehn Kilometer einer. Insgesamt würde das seinen Berechnungen nach rund eine Milliarde Euro kosten – „Peanuts für Merkel“. Viele Flächen könne man guten Gewissens entbehren. „Wenn wir das nicht machen, können wir nicht überleben“, ist der charismatische Biologe überzeugt.

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Der Preis

Die Stiftung Umweltpreis zeichnet alle zwei Jahre herausragende Innovationen und Initiativen aus. Der Hauptpreis ist mit 10.000 Euro dotiert.