„Der Euro ist stabiler, als es die D-Mark jemals war“. Professor Dirk Wentzel
Professor Dirk Wentzel rät zur veränderten Anlagestrategie. Geld auf dem Sparbuch verliert durch Inflation real an Wert.
Der Prophet gilt nichts im eigenen Land – oder etwa doch. Wer den Vortrag von Professor Dirk Wentzel im Pforzheimer CongressCentrum gehört hat, schöpft Hoffnung in Zeiten globaler Turbulenzen. „Wenn wir nicht glücklich sind, wer dann auf dieser Welt?“ Und seinen Optimismus bezieht der Volkswirtschaftler aus eindeutigen Zahlen: Die wirtschaftliche Situation in Deutschland sei überaus positiv – was finanzielle Stabilität, Wirtschaftswachstum, Staatsverschuldung, Export, Innovationskraft und besonders das Ansehen in der Welt angeht. „Wenn es ein Land gibt, das den Herausforderungen in Wirtschaft, den Finanzmärkten und der internationalen Politik mit Gelassenheit entgegensehen kann, dann ist es Deutschland“, betont Wentzel und fügt hinzu: „Der Euro ist stabiler, als es die D-Mark jemals war“.
Auch die Gefahr einer neuerlichen Finanzkrise sei durch verschiedene Maßnahmen eingedämmt. In die Finanzkrise sei man quasi mit einem Bertha-Benz-Gefährt geschlittert, inzwischen ist man mit einem Hochleistungs-Mercedes mit Frühwarnsystem unterwegs, so Wentzel.
Damit wäre die Vorlesung des Professors für Europäische Wirtschaftsbeziehungen, der seit 2003 in der Goldstadt lehrt, fast schon beendet. Wäre da nicht eine ganz entscheidende Sache: „Die größten Risiken für die Wirtschaft gehen derzeit von der Politik aus“. Dort seien viele Geisterfahrer unterwegs, beklagt Wentzel. US-Präsident Trump sei völlig unberechenbar, Erdogan und Putin gäben ebenfalls Gas – in die falsche Richtung. „Zum Glück wurde Le Pen ausgebremst“, freut sich der bekennende Europäer, der viel in der Welt unterwegs ist. Seine französischen Studenten an der Pforzheimer Hochschule hatte er zum Wählen in die Heimat geschickt.
Dazu kommt die Nullzins-Falle der Europäischen Zentralbank (EZB). „Es geht um ihr Geld“, macht Moderator Uwe Bettendorf vom Südwestrundfunk eingangs vor über 300 Kunden der Sparkasse Pforzheim Calw im CCP deutlich. Und dieses private Vermögen wird täglich weniger, warnte Vorstandsmitglied Sieghardt Bucher. Denn zur Nullzins-Politik der EZB kommt die langsam wieder steigende Inflationsrate, die aktuell bei zwei Prozent liegt. Wer also – wie die meisten deutschen Anleger – sein Vermögen im Sparstrumpf aufbewahrt, verliert bares Geld. „Die Deutschen unterliegen einer Geldillusion“, erläutert Wentzel dieses Phänomen. „Wir sind eben ein Volk von Sparern“. Zwar liegen am Jahresende immer noch 100 000 Euro auf der hohen Kante, doch real sinkt durch die Inflation die Kaufkraft des Ersparten. Und am Euro-Zinsmarkt dürften die kurzfristigen Zinsen noch sehr lange niedrig bleiben. Das sei, historisch betrachtet, eine bislang einmalige Entwicklung. Die Anleger müssten umdenken, sagt der Professor, der für eine breite Streuung des Vermögens wirbt („nicht alle Eier in einen Korb“). Eine Gefahr für einen massiven Rückschlag am Aktienmarkt sieht er nicht.
„Mindestens 2,3 Prozent Rendite müssen erwirtschaftet werden, um sein Vermögen real zu erhalten“, rechnet Stefan Saile, Bereichsdirektor Private Banking, vor. 2200 Milliarden Euro lagern bundesweit auf Sparbüchern und Festgeldkonten und verlieren allmählich an Wert. Die Alternativen könnten Aktien, Immobilien oder Gold sein. „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt zum Umschichten“, betont Saile. Die Sparkasse Pforzheim Calw habe den vermögensverwaltenden Fonds „Top Select“ konzipiert, der in 10 bis 15 erstklassige Mischfonds investiert. Die breite Streuung ermögliche auf Sicht von fünf Jahren eine auskömmliche Rendite, erläutert Saile. Die Risiken werden über verschiedene Anlageklassen und Managementstile verteilt.
Quelle: Pforzheimer Zeitung
Autor: Lothar H. Neff