Unter dem Begriff „Schutzengel“ kann sich wahrscheinlich jeder etwas vorstellen. Bei dem Ein oder Anderen von euch wird der persönliche Schutzengel bestimmt schon einiges zu tun gehabt haben. Jeder hat sicherlich schon mal gedacht „Puh, jetzt habe ich aber noch mal so richtig Glück gehabt!“ Aber wie kann gewährleistet werden, dass der Schutzengel uns unterstützt? Und wie kann jeder Einzelne seinem Schutzengel helfen, dass er einen beschützt?

Im Rahmen meiner Ausbildung durfte ich am Schutzengel-Seminar teilnehmen. Dieses Seminar richtet sich hauptsächlich an Fahranfänger und junge Fahrer. Unsere Gruppe bestand aus 17 Azubis. Geleitet wurde unsere Gruppe von drei Polizisten: Elisa Weigert, Dirk Schäfer und Michael Schönberg.

Eingeleitet wurde das Seminar durch ein nahegehendes Kurz-Video mit dem Thema „Du fehlst“. Das Video thematisierte eine typische Alltagssituation eines jungen Paares. Der junge Mann bringt seine Freundin nach Hause. Als er weiterfährt passiert es: Er kommt von der Straße ab. Leider bleibt es nicht dabei. Er knallt mit seinem Auto gegen einen Baum und stirbt. Dass nur ein unaufmerksamer Moment zum Tod des jungen Menschen führt, können viele seiner Freunde nicht begreifen. Es bleibt offen, warum ihm dieser Unfall passiert ist. Hat er Alkohol getrunken? Ist er zu schnell gefahren? Dies sind nur zwei der denkbaren Möglichkeiten. Man sieht viele seiner Freunde, die sich in Trauer und Unverständnis Fragen stellen wie: „Ist das gerecht?“ oder „Warum ausgerechnet er?“.

Das sind leider Fragen, die man nach einem tragischen Ereignis nie verstehen wird. Aber man kann so etwas leider nicht rückgängig machen. Menschen, deren Leben durch einen Verkehrsunfall beendet wird, erhalten nie wieder eine zweite Chance. So einen Unfall kann niemand mehr ungeschehen machen.

Des Weiteren bekamen wir die Möglichkeit uns reale und eindringliche Unfallbilder anzuschauen und waren schockiert. Diese Bilder bewegen! Ich will euch nur ein Bild näher beschreiben: Ein Kleinwagen ist von einer nassen Straße abgekommen und in einen Baum hineingerast. Das Auto war regelrecht um den Baum gewickelt. Die Fahrerin hatte keine Chance zu überleben. Unter ihren Freunden war sie als „Raserin“ bekannt. Ist es das wert? Man sollte sich bewusst sein, was das Leben für einen unvorstellbaren Wert hat!

Und wer kennt Sie nicht: Die tägliche Meldung, dass es wieder einen Unfall mit Toten und Schwerverletzten gegeben hat. Oftmals werden Verkehrsteilnehmer durch alkoholisierte, zu schnell fahrende oder unter Drogen stehende Autofahrer akut in Gefahr gebracht. Bei der Gefahr bleibt es meistens leider nicht. Wie kann man als alkoholisierter Fahrer mit der Schuld leben, einen anderen vollkommen unschuldigen Menschen getötet zu haben? So etwas will ich mir gar nicht vorstellen müssen!

Daher wurden uns viele Tipps gegeben, wie wir versuchen können, in Zukunft Leben zu retten. Hierzu möchte ich euch kurz eine Situation beschreiben, die wohl jeder schon so oder ähnlich erlebt hat: Es ist Wochenende. Genauer gesagt Freitagabend. Man hat eine anstrengende Woche hinter sich und möchte nun mit seinen Freunden feiern gehen. Eigentlich hat man sich vorgenommen keinen Alkohol zu trinken, weil man anschließend auch wieder nach Hause fahren muss. Nun kommt es aber anders und man trinkt doch etwas. Was würdet ihr als gute Freunde machen? Würdet ihr nicht lieber abraten zu fahren? Ist es nicht sogar eure Pflicht zu sagen: „Hey, komm ich ruf dir besser ein Taxi. Ich will nicht dass dir etwas passiert?“.

Unsere drei Polizisten Elisa, Dirk und Michael übten mit uns viele Situationen in denen wir lernen sollten uns richtig zu verhalten. Hier noch ein weiterer Einblick: Man sitzt mit seinem Kumpel in einer Kneipe. Der Kumpel hat schon sehr viel Alkohol getrunken und bemerkt mit Blick auf die Uhr, dass er sofort nach Hause muss. Er hat nicht mal mehr Zeit seine Rechnung zu bezahlen und verspricht dem befreundeten Wirt, dass er morgen wieder vorbei kommt. Unsere Aufgabe war nun: „Wie können wir verhindern, dass sich unser alkoholisierter Freund hinters Steuer setzt“? Es gab viele verschiedene Lösungsmöglichkeiten. Eine davon war z.B. seinen Freund am Arm festhalten und ihm bzgl. seiner Familie ins Gewissen zureden. Darüber hinaus sollte man andere „Kneipengäste“, die in unserem Seminarraum von uns Azubis dargestellt wurden, direkt um Hilfe bitten. In unserem Beispiel halfen diese dabei den alkoholisierten Freund aufzuhalten, so dass er nicht aus der Tür kam.

In der Pause gab es dann noch die Möglichkeit sich eine 0,8 Promille-Brille aufzusetzen. Mit dieser wird die Sicht, die man bekommt wenn man 0,8 Promille im Blut hat, simuliert. Wir bauten einen kleinen Parcours auf, den es zu bewältigen galt. Am Ende wartete ein kleiner Ball, den man auf ein Glas ablegen musste. Was ohne Alkoholeinfluss so leicht aussieht und klingt, ist mit der Promille-Brille nur noch schwer machbar. Und das muten wir uns und anderen Menschen zu, wenn wir alkoholisiert Auto fahren?

Zusammenfassend kann ich nun sagen, dass ich sehr froh bin an diesem Seminar teilgenommen zu haben. Es war sehr interessant, traurig, bewegend und regt zum Nachdenken an. Jeder kann ein Schutzengel sein. Schließlich weiß man nie ob und wann man in eine Situation kommt, in der man über Leben und Tod entscheiden kann. Durch dieses Seminar habe ich jedoch gelernt, wie wichtig es ist, jemand anderen im entscheidenden Moment einen Impuls für eine Richtungsänderung geben zu können.