Interview mit Hans Neuweiler, Vorstandschef der größten baden-württembergischen Sparkasse. Der gebürtige Pforzheimer startete seine Bilderbuchkarriere vor genau 50 Jahren bei der damaligen Stadt+Kreis-SPARKASSE PFORZHEIM.

Erinnern Sie sich noch an Ihren allerersten Arbeitstag als Azubi?

Sogar ziemlich gut. Ich kam morgens vorsorglich mit einem frühen Bus an und stand vor verschlossenen Türen. Eine Mitarbeiterin aus der Personalabteilung kam auf mich zu, die ich salopp fragte: „Bist Du auch neu hier?“ Woraufhin sie herzhaft lachte und antwortete: „Nein, ich bin schon seit fünf Jahren bei der Sparkasse.“ Ich wollte im Boden versinken und beschloss, lieber gar nichts mehr zu sagen.

Mit Hauptschulabschluss zum Vorstandsvorsitzenden, eine absolute Bilderbuchkarriere. Wann wussten Sie, dass Sie Vorstand werden wollen und glauben Sie, dass das heute noch so möglich ist?

„Wussten“ ist ein großes Wort. Aber ich erinnere mich genau, als unser damaliger Ausbildungsleiter uns nach unseren beruflichen Plänen fragte. Die meisten nannten Ziele wie Filialdirektor. Doch als ich an der Reihe war, sagte ich, dass ich Vorstand werden möchte. Natürlich lachten alle, einschließlich mir.

Ob eine solche Karriere heute noch möglich ist, ist schwer zu sagen. Theoretisch ja, jedoch stoßen Hauptschüler bei unseren Einstellungstests in der Regel auf größere Schwierigkeiten als Realschüler. Ich würde ehrgeizigen Hauptschülern raten, die Mittlere Reife nachzuholen. Es ist wichtig zu verstehen, dass es nicht die Sparkassenorganisation ist, die einer Karriere mit Hauptschulabschluss im Wege steht, sondern der Wandel der Zeit. Heute haben viel mehr Schüler die Möglichkeit, das Gymnasium zu besuchen, was natürlich das Leistungsniveau und die Anforderungen entsprechend beeinflusst hat. Der Bildungsweg innerhalb der Sparkassenorganisation ist nach der Ausbildung jedoch noch genauso möglich.

Stationen einer Karriere
  • 1973 Ausbildung zum Bankkaufmann bei der damaligen Stadt+Kreis-SPARKASSE PFORZHEM
  • Tätigkeiten in der Rechts- und Kreditabteilung
  • Sparkassenfachlehrgang mit Abschluss Sparkassenbetriebswirt
  • Stellvertretender Leiter der Kreditgruppe Sonderkredit
  • Studium am Lehrinstitut für das Kommunale Sparkassen- und Kreditwesen in Bonn mit Abschluss Diplom-Sparkassen-Betriebswirt
  • Leiter der Kreditgruppe 1
  • 1987 Abteilungsdirektor Kreditsekretariat bei der damaligen Kreissparkasse Calw
  • 1988 Verhinderungsvertreter des Vorstands, insbesondere für den Geschäftsbereich Kredit/Außenhandel/Immobilien
  • 1992 – 1996 Abteilungsdirektor Unternehmensbetreuung
  • 1996 Vorstandsmitglied der Bezirkssparkasse Graben-Neudorf
  • 1999 Eintritt bei der Kreissparkasse Calw, die 2003 zur Sparkasse Pforzheim Calw fusionierte
  • 2007 zweiter stellvertretender Vorstandsvorsitzender
  • 2012 stellvertretender Vorstandsvorsitzender
  • 2023 Vorstandsvorsitzender
Wie unterscheidet sich Ihre frühere Aufgabe im Vorstand zu der des Vorstandsvorsitzenden?

In der Vergangenheit lagen etwa 80 % meiner Entscheidungen im Kreditgeschäft. Heute machen Kreditentscheidungen lediglich 20 % meiner Aufgaben aus. Die Themenvielfalt hat sich erheblich erweitert und reicht jetzt von Verwaltungsangelegenheiten über Personaleinstellungen, Konditionen und Kundenterminen bis hin zu vielen anderen Bereichen. Meine aktuelle Position ist definitiv vielseitiger im Vergleich zu einem spezifischen Dezernat.

Eine bemerkenswerte Veränderung besteht darin, dass nach Diskussionen alle Augen auf mich gerichtet sind und ich am Ende die Entscheidung treffen muss. Und das Schöne ist: Es wird dann auch so umgesetzt. Das ist wirklich ein tolles Gefühl. Gleichzeitig trage ich natürlich die Verantwortung.

Und wie gehen Sie mit dieser Verantwortung um?

Eine Entscheidung mit all ihren Konsequenzen zu treffen, erfordert Mut. Sollte man sich irren, erfordert es ebenfalls Mut, die Entscheidung zu korrigieren. Das Schlimmste jedoch wäre, keine Entscheidung zu treffen. Glücklicherweise kann ich mich auf hervorragende Ausarbeitungen unserer Fachgremien verlassen. Zudem werden Beschlüsse ausführlich in Diskussionen vorbereitet. Das alles hilft mir, mich sehr wohl dabei zu fühlen, wichtige Entscheidungen zu treffen.

Die Arbeitsweise hat sich in den letzten Jahren durch die Digitalisierung sehr verändert. Welche Innovation hat Sie am meisten beeindruckt?

Als jemand, der von Innovationen und moderner Technik begeistert ist, halte ich beispielsweise den Thermomix in der Küche für eine gigantische Erfindung. Im Zusammenhang mit der Sparkasse ist zweifellos eine der grundlegendsten und bedeutendsten Innovationen das Smartphone. Vor allem in Verbindung mit allen damit zusammenhängenden Entwicklungen wie beispielsweise den vielseitigen Apps. Natürlich birgt diese Technologie auch gewisse Gefahren des Halbwissens. Dennoch betrachte ich das kleine Gerät als eine tolle Erfindung und Innovation. Es hat unsere Arbeitsweise und Kommunikation revolutioniert.

Was war Ihre größte Herausforderung während Ihrer Zeit bei der Sparkasse?

Wäre ich nur fünf Jahre dabei, könnte ich die Frage sicherlich leichter beantworten. Als Fußballfan drücke ich es gerne mit den Worten von Sepp Herberger* aus: „Das nächste Spiel ist immer das schwerste.“ Was mir an dieser Aussage gefällt, ist der Fokus auf das Hier und Jetzt. Die aktuellen Aufgaben sind immer die schwierigsten.

Unsere derzeit größte Herausforderung ist der Umgang mit dem Personalmangel. Die demografische Entwicklung und die Veränderungen im Berufsbild des Bankkaufmanns bzw. der Bankkauffrau machen sich bemerkbar. In der Gewinnung von Mitarbeitenden ist es entscheidend, die Attraktivität des Berufs „Bänker“ hervorzuheben und die Identität sowie die Leistungsfähigkeit der Sparkasse Pforzheim Calw zu zeigen. Besonders sind bei uns die vielfältigen Karrieremöglichkeiten, was durch meinen eigenen Werdegang verdeutlicht werden kann.

Wir stellen uns dieser Herausforderung und zeichnen uns durch zahlreiche Sozialleistungen, sowie durch ein familiäres Umfeld aus. Die Sparkasse Pforzheim Calw unterscheidet sich somit deutlich von anderen Unternehmen und bietet zusätzlich vielfältige Chancen für berufliches Wachstum.

*Sepp Herberger: Deutscher Fußballspieler und Bundestrainer 1950 – 1964

Wir sprechen gerne von unserer „Sparkassenfamilie“. Bei Ihnen trifft das wortwörtlich zu, denn Ihre Schwester arbeitet auch bei uns. Wie kam es dazu? Und was macht die Sparkasse so besonders, dass gleich zwei „Neuweilers“ hier arbeiten möchten?

In unserer Sparkassenfamilie gibt es nicht nur zwei „Neuweilers“. Tatsächlich finden sich auch viele Mitarbeiterkinder und andere Verwandtschaftsverhältnisse. Außerdem ist die Sparkasse Pforzheim Calw zu einem der größten „Heiratsinstitute“ am Platz geworden. Das liegt zum einen daran, dass wir ein großartiger Arbeitgeber sind. Zum anderen wird in den Familien miteinander gesprochen und Emotionen geteilt. Die Begeisterung für unsere Arbeit überträgt sich, und das weckt beispielsweise bei jüngeren Geschwisterkindern Interesse. Manchmal besteht dann die Möglichkeit, den Arbeitsplatz zu besichtigen oder ein Praktikum zu absolvieren.

Besonders wichtig ist die Tatsache, dass es ein Kompliment für uns ist, Familienmitglieder in unserem Haus zu haben. Es zeigt, dass unsere Mitarbeitenden auch privat eine positive Einstellung zu ihrem Arbeitgeber haben. Es zeigt, dass sie zufrieden sind und gerne bei uns arbeiten.

Natürlich hatte meine Schwester es etwas einfacher, sich für den Beruf Bankkauffrau zu entscheiden, da sie durch meine Erzählungen schon einiges über das Berufsbild wusste. Dafür stand sie vor der Herausforderung, mit mir verglichen zu werden. Daher ist es immer wichtig, dass jeder seinen eigenen Weg geht und seine einzigartigen Fähigkeiten und Stärken in der beruflichen Entwicklung nutzt.

Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, welche wären das?

Mehr Zeit, Gesundheit, auch für die Menschen die mir nahestehen – und Zufriedenheit.

Man erlebt Sie immer gut gelaunt, woher nehmen Sie Ihre Energie?
Hans Neuweiler mit Labradorhündin Emma

Als Optimist versuche ich, mich auf das Positive zu konzentrieren. Natürlich ist es wichtig, trotz meines Optimismus realistisch zu bleiben. Es ist entscheidend, nicht in Verzweiflung zu verfallen und stattdessen mit Mut zu handeln. Das Motto „Der Mutige stirbt nur einen Tod, der Zauderer tausend“ begleitet mich und gibt mir Kraft, auch in schwierigen Situationen nicht aufzugeben. Jedenfalls versuche ich, meine positive Einstellung auch nach außen zu tragen, denn ich bin fest davon überzeugt, dass ein Lächeln ansteckend ist. Wenn ich lächle, lächelt auch die Welt zurück.

Meine größte Energiequelle ist meine Familie. Meine Frau, meine beiden Töchter und meine treue Labradorhündin Emma sind immer an meiner Seite. Wenn ich nach einem anstrengenden Tag nach Hause komme, empfängt mich Emma fröhlich mit ihrem Spielzeug, wedelt mit dem Schwanz und ist einfach glücklich, mich zu sehen. In solchen Momenten lasse ich die Sorgen an der Türschwelle. Wohlwissend, dass morgen ein neuer Tag ist, der neue Chancen und Möglichkeiten bietet.

Ergänzen Sie ganz spontan: Kein Tag ohne …?

… positive Einstellung!

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