Sie ist nicht nur die erste Vorständin im Hause der Sparkasse Pforzheim Calw, sondern auch Ehefrau und Mutter von 2 kleinen Kindern. Wie sie den Spagat zwischen Beruf und Familie schafft und was sie jungen Frauen rät, die Karriere machen wollen, lesen Sie im Interview.

Frau Gatzlaff, stellen Sie sich bitte kurz vor.

Mein Name ist Kerstin Gatzlaff. Ich bin 47 Jahre alt und verheiratet. Mein Sohn ist 8 und meine Tochter 4 Jahre alt.

Inzwischen sind Sie schon einige Monate bei uns im Haus und konnten erste Eindrücke sammeln. Wie erleben Sie Ihren neuen Job?

Mein neuer Job macht mir viel Spaß. Ich finde ihn sehr spannend und genieße den Kontakt zu unseren Kundinnen und Kunden ebenso wie zu unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Welche Ausbildung haben Sie gemacht und wie waren Ihre Stationen bis hin zur Vorständin?

Ich habe mit einer Ausbildung zur Bankkauffrau bei der Sparkasse in Rheinberg, heute Sparkasse am Niederrhein, angefangen. Danach habe ich mich über die Sparkassenorganisation berufsbegleitend fortgebildet, indem ich den Sparkassen-Betriebswirt und den diplomierten Sparkassen-Betriebswirt absolviert habe. Abschließend habe ich ein Studium zum Master of Business Administration in Banking & Management an der Wirtschaftsuniversität in Wien abgeschlossen.
In der Sparkasse bin ich früh im Kreditbereich gestartet, nach Beendigung der Ausbildung wurde ich im Bereich Rechtsabteilung/Kreditsekretariat eingesetzt. Dort kümmerte ich mich um die schwierigen Fälle: Pfändungen, Zwangsversteigerungen, Insolvenzen. Relativ früh, also schon im Alter von 25 Jahren, durfte ich eine Führungsaufgabe übernehmen. Damals habe ich schnell gemerkt, dass es mir großen Spaß macht, mit Menschen zu tun zu haben. Vor allem, weil ich gerne die Verantwortung übernehme, die damit zusammenhängt. In der darauffolgenden Zeit habe ich sämtliche Bereiche des Kreditgeschäftes durchlaufen. In den letzten 10 Jahren war ich als Abteilungsdirektorin zuständig für die Kreditabteilung Firmenkunden. Dort war ich für das komplette risikorelevante Kreditgeschäft verantwortlich. Zudem war ich zu dieser Zeit auch schon Vorstandsvertreterin. Und dann kam irgendwann der Punkt, an dem ich wusste, das reicht mir eigentlich nicht. Ich möchte Vorständin werden. Und auf diesem Weg bin ich zu meinem Glück zur Sparkasse Pforzheim Calw gekommen.

Von wo kommen Sie genau?

Ich komme aus Rheinberg. Das befindet sich rheinabwärts am Niederrhein (400 km entfernt) in der Nähe von Düsseldorf und den Niederlanden.

Was ist das Geheimnis Ihres Erfolges?

Ich bin sehr bodenständig und hartnäckig. Wenn ich mir ein Ziel gesetzt habe, dann arbeite ich so lange daran, bis ich dieses Ziel erreicht habe.

Wo liegen Ihre Stärken und Schwächen?

Ich bin sehr belastbar und vielseitig. Das heißt, ich habe ein sehr breites Spektrum. Andererseits bin ich manchmal ein wenig ungeduldig. Inzwischen haben mir aber insbesondere meine Kinder geholfen, hier ruhiger zu werden.

Wie würden Sie sich in 3 Hashtags beschreiben?

#zuverlässig
#ehrlich
#konsequent

Wie fühlt man sich als einzige Frau in der Vorstandsriege?

Sehr gut! Also wirklich, das ist ein tolles Team und eine sehr gute Zusammenarbeit. Wir vier haben uns gesucht und gefunden.

Als Mama von zwei noch kleinen Kindern sind Sie ein großes Vorbild für viele Frauen. Wie schaffen Sie es, Karriere und Familie unter einen Hut zu bekommen?

Das ist tatsächlich eine wichtige Frage. Wir schaffen das nur, weil mein Mann sich letztendlich dazu entschieden hat, seinen Beruf aufzugeben und für die Familie da zu sein. Ich bin dafür berufstätig.

Also einfach Rollentausch?

Ja, aber ganz so einfach ist es natürlich nicht. Nach der Geburt meiner Kinder war ich jeweils ein halbes Jahr zu Hause und dann hat mein Mann übernommen. Die Trennung von meinen Kindern über Tag war für mich anfangs sehr schwer. Es war nicht einfach, wieder voll in den Beruf einzusteigen. Mein Mann war damals auch bei der Sparkasse. Da ich als MBA aber beruflich die besseren Perspektiven hatte, haben wir uns für diese Aufteilung entschieden. Er kommt mit der Rolle relativ gut zurecht. Es ist allerdings anders, wenn hauptsächlich der Vater die Kinder erzieht. Manchmal muss ich schon wegsehen. Mein Sohn stand z. B. schon mit 2 Jahren mit dem Akkubohrer am Regal und hat gebohrt. Neben Familie und meinem Job bleibt mir wenig bis keine Zeit. Ich habe mich früher auch um meine Hobbys gekümmert oder bin gerne mal mit einer Freundin ausgegangen.
Was das Betreuungsmodell angeht, bin ich der Meinung, dass man jemanden braucht, der zu Hause absolut verlässlich ist. Ich könnte sonst meinen Beruf nicht ausüben. Bei den vielen Terminen, die ich habe, ist es oft nicht möglich, zu bestimmten Zeiten zu Hause zu sein. Uns war von Anfang an wichtig, wenn wir uns für Kinder entscheiden, wollen wir es recht vernünftig angehen.

Sicher ist eine gute Planung das A und O. Wie sieht ein Tag bei Ihnen aus?

Die Arbeitstage sind schon komplett durchgetaktet! Ich kümmere mich morgens darum, die Kinder für Schule und Kindergarten fertigzumachen. Anschließend fahre ich zur Arbeit. Dabei überlege ich mir genau, wie viel Zeit ich für welchen Termin brauche und versuche, mich an die Zeiten zu halten, damit ich dann abends noch etwas von meiner Familie habe.

Bringen Sie auch die Kinder ins Bett oder macht das der Papa?

Nein, das mache ich. Wenn ich da bin und nicht gerade einen Abendtermin habe, lasse ich die Tasche fallen, ziehe mir etwas Bequemes an und spiele mit meinen Kindern. Mein Mann bereitet in der Zeit meistens das Abendessen vor. Ich lese ihnen eine Geschichte vor, oder wir toben noch ein wenig herum. Im Sommer spielen wir Fußball oder eben alles, was uns so einfällt. Mein Mann sagt immer: „Wenn die Mama nach Hause kommt, bin ich abgemeldet.“

Wie gefällt es Ihnen und Ihrer Familie in Pforzheim?

Es gefällt uns allen richtig gut. Ich finde, Pforzheim hat Flair, Pforzheim lebt! Die ganze Region gefällt uns. Sie bietet einen großen Freizeitwert und es liegen viele Ausflugsziele in der unmittelbaren Nähe. Wir werden uns hier wohlfühlen, davon gehe ich aus.

Wohnen Sie direkt in Pforzheim?

Nein, wir haben uns für unseren Wohnort den Enzkreis ausgesucht. Bisher haben wir in einer Stadt mit 30.000 Einwohnern gewohnt. Die Gemeinde, in der wir jetzt wohnen, ist kleiner, aber es ist durchaus alles da, was wir so brauchen. Wir finden uns gut zurecht.

Welche Tipps können Sie jungen Frauen geben, die Karriere machen wollen?

Auf sich selbst vertrauen, Ziele setzen und diese verfolgen, selbst wenn zwischendurch scheinbar unüberwindbare Hürden auftauchen. Auch ich bin immer wieder auf Hindernisse gestoßen, die so groß und unüberwindbar erschienen, dass ich fast überlegt hatte, nicht weiterzugehen. Da ich aber meine Ziele konkret abgesteckt hatte, habe ich mich davon nicht aus der Bahn werfen lassen. Ich habe mir gesagt, mein Ziel ist, dass ich mich weiterentwickeln möchte, dass ich gerne Vorstand werden möchte. Diesen Gedanken hatte ich auch schon relativ früh, ich würde sagen sogar schon kurz nach Ende meiner Ausbildung. Damals wusste ich schon, dass ich mir das zutraue.

Das war schon sehr ambitioniert …

Ja, aber irgendwo muss das ja herkommen und ich glaube, wenn ich mir das zutraue, dann ist es auch gut. Außerdem würde ich raten, erfolgreiche Frauen zu befragen und hierdurch Mut und Bestätigung für das eigene Tun zu erlangen. Ich konnte selbst schon Frauen auf ihrem Weg ermutigen, indem ich meinen Werdegang vorgestellt habe. Viele Rückmeldungen lauteten: Es ist schön, dass wir endlich mal ein Beispiel gesehen haben, dass es funktionieren kann. Es gibt sehr viele Frauen in Führungspositionen ohne Kinder. Deshalb ist es wichtig zu sehen, dass es auch mit Familie gelingen kann. Meine Kinder sind glücklich. Ich habe Beruf und Familie und komme bewusst meiner Mutterrolle intensiver nach, als ich das vielleicht tun würde, wenn ich den ganzen Tag zu Hause wäre und mich um alles andere kümmern würde.

Was macht eine Frau im Vorstand (vielleicht) besser als ein Mann?

Vermitteln, das Team zusammenhalten und die Mannschaft in den Vordergrund stellen. Vielleicht auch mal Dinge ansprechen, über die man sonst nicht so spricht.

Denken Sie, dass Frauen empathischer sind?

Ja! Ich glaube, dass Männer auch empathisch sein können, sie müssen nur lernen, es zu zeigen. Ich bin durch meine Tätigkeit häufig in Männerrunden und stelle fest: Je länger das Gespräch andauert, desto empathischer werden sie.

Was wollen Sie gemeinsam mit der Sparkasse Pforzheim Calw verändern?

Ich möchte unsere Kunden nachhaltig in eine digitale Zukunft begleiten. Ansonsten will ich dazu beitragen, die Grundzufriedenheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erhöhen bzw. auf einem guten Level zu halten. Ich kann es mit Sicherheit nicht jedem recht machen, da wir an den Tarifvertrag und sonstige Rahmenbedingungen gebunden sind. Aber ich kann schon versuchen, im Betrieb Signale zu setzen und mich um gewisse Anliegen besonders zu kümmern. Auch mal das ein oder andere Einzelschicksal anzuhören, finde ich wichtig. Diese soziale Komponente war für mich in meinem Handeln immer schon wichtig. Es wurde eine Zeit lang allerdings nicht vom Umfeld akzeptiert, wenn ich in einer Führungsverantwortung auch sozial agiert habe. Jetzt ist es durch die ESG-Debatte* wieder angesagt und möglich.

*Die englische Abkürzung ESG (Environmental, Social and Governance) steht für Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung. Nachhaltige Geldanlagen müssen bspw. ökologische, soziale und ethische Kriterien erfüllen.

Was hat Sie bei uns überrascht?

Mich hat die Eigenständigkeit überrascht, mit der jeder Einzelne Entscheidungen treffen kann. Das finde ich toll. Dieses Selbstbewusstsein der Menschen hier hat mir imponiert. Das finde ich ganz klasse und fällt mir besonders positiv auf

Was war rückblickend der größte Fehler Ihres Lebens?

Nicht eher in die Region Pforzheim Calw gekommen zu sein.
Eigentlich habe ich in meinem Leben bisher noch keinen großartigen nennenswerten Fehler gemacht.

Haben Sie ein Lebensmotto?

Ich finde “carpe diem“ sehr gut. Ich genieße das Heute, das Hier und Jetzt. Dass es letztendlich die kleinen Dinge sind, die Freude machen. Ich finde es wichtig, dass man das Bewusstsein hat, jeden Tag als etwas Besonderes anzusehen. Und ich würde sagen, wenn ich etwas schaffen will, dann schaffe ich es auch. Ein gewisser Ehrgeiz hilft dabei.

Wie sieht ein perfekter Tag für Sie aus?

Im privaten Bereich ist ein perfekter Tag ein Tag mit meiner Familie, an dem wir beispielsweise einen Ausflug unternehmen. Wir waren im Oktober auf dem Baumwipfelpfad, das hat enorm Spaß gemacht und davon zehre ich dann auch lange.
Aus Sparkassensicht machen mir die Termine besonders Spaß, an denen ich tatsächlich mit einer unserer Beraterinnen oder Berater zum Kunden fahren und ein Unternehmen besichtigen kann. Ich finde es immer interessant, wenn wir einen Unternehmer in Action erleben können, der uns dann den Betrieb zeigt, die tollen Dinge, die er umsetzt und seine Ideen, die er hat. Das macht mir richtig Spaß. Wenn dann noch ein gutes Geschäft dabei herauskommt, ist es perfekt.

Haben Sie Hobbys? Treiben Sie Sport?

Ich fotografiere sehr gerne. Meine weiteren Hobbys sind mein Garten, Schwimmen und Rad fahren. Früher war ich Leistungsschwimmerin.

Eine Frage, die viele Frauen interessiert: Wie pflegen Sie Ihre sehr langen Haare?

Meine Haare sind mein Hobby. Ich wasche sie regelmäßig mit normalem Shampoo und einer Spülung oder ich nutze auch mal eine Haarkur und föhne ganz normal. Allerdings hatte ich noch nie eine Dauerwelle und habe noch nie koloriert. Es war also noch keine Chemie in meinen Haaren und das macht viel aus.

Sie haben also noch keine grauen Haare?

Die bekomme ich erst noch … Wer weiß, was der Job hier noch mit mir macht?

Noch ein letzter Gedanke?

Ich bin überglücklich, wie gut ich hier in Pforzheim von allen aufgenommen worden bin. Vom Vorstandsteam, von unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, von den Kundinnen und Kunden. Egal wo ich hinkomme, ich treffe überall auf Menschen, die mir gegenüber sehr positiv eingestellt sind und die sehr offen sind. Insbesondere im Firmenkundengeschäft freut mich das sehr, denn hier habe ich mit Hans Neuweiler einen Partner, der mir bei Fragen jederzeit zur Seite steht. Das ist spitze. Auch mit den anderen beiden Vorstandskollegen Sven Eisele und Dr. Georg Stickel stehe ich gerne im regen Austausch.

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